Spiritualität
Osterpredigt
Dieser Morgen – nach dieser Nacht – ist anders…
Das ahnen die Frauen im Evangelium nicht auf ihren Weg hin zum Grab:
Maria Magdalena, Maria, die Mutter des Jakobus und Salome.Guter Gewohnheit nach – wollten sie den toten Jesus einbalsamieren...und dann: der Stein ist ver-rückt.Und dann fängt`s an… - so versucht der Evangelist Markus das Unbegreifliche in Worte zu fassen…
Dieser Morgen – nach dieser Nacht – ist anders…
Das möchte ich auch so österlich sagen / sagen können– nicht weil Ostern ein bewegender Gottesdienst sein kann und Ostern überhaupt gut tut – mit den Feiertagen und dem, was sich damit verbindet – von den leckeren Marzipaneiern bis zur schönen großen Kaffeerunde / bzw. für jemanden anderen : die schönen Urlaubstage auf der Insel oder anderswo…
Sich immer wieder neu von dem Unbegreiflichen ergreifen lassen – das ist nicht einfach… klar können wir Ostern feiern wie´s Frühlingsfest oder die Palmkirmes.
Das Datum steht im Kalender – auch in unserem Halbjahresprogramm - und dann geht´e eben los…- aber das ist es ja eben nicht: es ist mehr als ein Kalendertermin – das Unbegreifliche steht im Raum / der Inhalt von Ostern ist und bleibt ver-rückt – in der normalen „Normdenke“ von uns Menschen.
Klar: wir wissen, dass der Jesus unserer Evangelien jemand ist, der Zeit seines Lebens vieles ver-rückt: er lädt den Abschaum seiner Zeit an den Tisch / stellt Recht und Gerechtigkeit in die Mitte / glaubt an das Gute in jedem Menschen, er erhöht Erniedrigte – und geht selber in den Sklavendienst der Erniedrigten, indem er seinen Jüngern die Füße wäscht – als Zeichen für eine Dienstrichtung. Er ist absolut frei von Größenwahn oder einem Leben auf Kosten anderer, für ihn kann der Kleinste der Größte sein...und die Welt der Schönen, Reichen und Mächtigen ist ihm soo weit weg – trotz seiner Möglichkeiten...- da ist ganz viel elementar Ver-rücktes dabei…
Und doch: am Ende scheitert er : da steht das Kreuz – auch wenn er manches Ver-rückende weitergegeben hat. Da haben die politischen Herren im Land, die Römer, mal eben kurzen Prozess gemacht – in Absprache mit der Führungsschicht seiner jüdischen Religion – und angesichts dessen werden auch die Getreuen weniger – bis hin zur Verleugnung der Engsten um ihn zu einer Verbundenheit mit ihm: So steht da am Karfreitag: – Ende – Aus – und alles Ver-rückte ist in den Augen derer, die sich die Hände in Unschuld waschen, damit gerade gerückt – denn: … Tod bleibt Tod!
Dieser Morgen – nach dieser Nacht – ist anders...
Es fängt schon an mit dem Stein… wie gesagt: etwas „Sprechenderes“ kann man gar nicht finden: da soll etwas felsenfest vergraben werden– und dann „sprechen“ die Steine: der Stein ist ver-rückt… Felsenfestes wird erschüttert / kommt in Bewegung…- und die Frauen aus Jesu Umfeld werden die ersten, die zitternd, Zeuginnen eines „Aufbrechens werden: Ver-rückt wird die absolute Gewißheit: tot ist tot.
Ver-rückt wird die Logik des Todes: alles soll sterben. Sie lassen sich sagen: es geht um das Leben.
Ja, da ist jemand noch einmal in anderer Weise ver-rückt : Tod am Kreuz– aber nicht aus dem Leben ausgeschieden! Das wird ihre Botschaft: Dieser Jesus ist lebendig da, wo es um´s Leben geht und um den Tod.
Dieser Jesus durchbricht die Friedhofsordnung – mit der verordneten Ruhe!
Das leeres Grab bringt den Tod ins Wackeln – als endgültige Letztbestimmung allen Seins. Der Stein hält den Tod nicht mehr in Schach...- diese ungeheuerliche Nachricht will uns jedes Jahr – eigentlich immer , täglich, sagen: Tod ist nicht tot - und in der Folge: österlich sieht die Welt anders aus!
Dieser Morgen – nach dieser Nacht – ist anders – weil österlich:
Wir machen vielfach prägend in der augenblicklichen Zeit „Karfeitagserfahrungen“:
Ich denke an die Menschen in den Kriegsgebieten: im Gazastreifen und in der Ukraine… und...und. Ich denke an die, die unter Hunger leiden: im Sudan und auf Haiti...und..und. Ich denke an die verwirrenden Spiele – mit tödlichen Folgen für viele - der Potentaten Putin, Trump...und und. Ich denke an den zunehmenden Rechtsradikalismus im bürgerlichen Gewand in unserem Land und in anderen Staaten…
Wenn Menschen Opfer dessen werden , was es an unterschiedlichen Karfreitagser-fahrungen gibt, dann kommt die Frage nach dem „Warum“ – auch: „Warum hast Du mich verlassen?“- Jesu Frage auch am Karfreitag.
Wir können das „Warum“ nicht nehmen – aber seit diesem Morgen steht es in einem anderen Licht da: Ostern sagt: Trotz allem – ich Gott, stehe auf der Seite des Lebens und Tod ist nicht tot, Ende, aus…Ostern ver-rückt!
Dieser Morgen – nach dieser Nacht – ist anders – weil österlich:
Gläubig sind wir vielfach (noch) geprägt aus einer Zeit triumphierender Kirche. Was hatte die Amtskirche für eine Macht und ein entsprechendes Selbstverständnis – bis in die 70iger / 80iger Jahre des letzten Jahrhunderts – in manchen Teilen der Kirche noch bis Ende der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts – bis dann immer mehr Missbrauchsfälle diese Macht und ihr Selbstverständnis bis in viele Gemeinden hinein erschütterten. Heilsam – denn neutestamentlich hat Jesus anderes gelebt und geprägt: da geht es um den Dienst am Leben, mithin den Menschen – das ist die österliche Spitze, die aufhorchen läßt:
Gott ist kein Gott der Macht – wie wir ihn in ganz vielen Titeln ( der Allmächtige, der Ewige, der Große…) immer noch hochleben lassen. Er ist kein Gott, der Menschen in Abhängigkeit halten will und nur durch die Brille von Schuld und Versagen schaut. Er geht in diesem Jesus den Weg ganz unten, ist Bruder und Retter von Menschen, macht im Letzten sich im Kreuzweg ganz verbunden mit allen Leidenden - und markiert in seinem Sterben deutlich: Macht und Glanz ist nicht mein Weg – wohl Solidarität mit den Leidenden – und das Durchbrechen tödlicher Selbstgewissheit, darum ver-rückende Auferstehung.
Dieser Morgen – nach dieser Nacht – ist anders – weil österlich:
Ver-rücktes um des Lebens Willen ist mit viel Hoffnung verbunden. Es gibt nicht wenige österlich Hoffnungsmenschen: ich denke an Franz Jägerstätter, ein österreichischer Bauer, der in nationalsozialistischer Zeit den Wehrdienst verweigert hat aus Ablehnung des Nationalsozialismus heraus. Er hat in seiner Zeit das Leben vor die Ideologie gestellt – und dadurch auch andere ermutigt. Er hat das mit dem Leben hier bezahlt – aber ein Lebenszeichen gesetzt, was den Lebensrespekt bewahrt und weiter gegeben hat.
Ich denke an Sr. Aurietta in der Favela von Teimosa, einem Stadtteil von Recife in Brasilien. Über 50 Jahren lang gibt sie dort den Kindern aus den vielfach zerrissenen Familien und den katastrophalen Lebensbedingungen – ein Zuhause, Bildung in den Grundbereichen des Lebens in ihren Rechten als Menschen und Kinder. Wenn sie nicht eine ver-rückte Perspektive hätte – würde sie aufgeben und damit die Zukunft dieser Kinder. Ein österlicher Mensch.
Ich denke an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Sterbebegleitung und Trauerarbeit – auch, aber nicht nur bei uns im Hospitz RE und in den ambulanten Hospitzdiensten oder bei unserer Trauerarbeit - : österliche Hoffnungsmenschen, weil sie nicht den Tod das seine tun lassen und das letzte Wort überlassen…welche Lebenshilfe, welche Hoffnung...
– Das – wie viel weiter Beispiele „...und...und...und...“- ist Ostern konkret.
Immer wieder neu von dem Unbegreiflichen sich ergreifen lassen – den Glauben wagen, dass es Auferstehung gibt – und sich das Leben – bis in den Tod hoffnungsvoll ver-rücken lässt – in vielem - trotz allem – dazu ermutigt uns das Osterfest.
Ich wünsche uns, dass die Botschaft der Frauen uns ermutigt: Frohe Ostern!!